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MUDs und interaktive Fiktion - ein kurzer Vergleich

Multi User Dungeons entstanden als Kreuzung zwischen Textadventure und Rollenspiel. Was beide voneinander unterscheidet, und was IF-Autoren aus MUDS lernen können, untersucht der folgende Artikel.

1979 entwickelten die Engländer Roy Trubshaw und Richard Bartle ein interaktives Programm, das über ein Netzwerk gespielt werden konnte. Inspiriert wurden beide von den Textadventures Zork und Colossal Cave, aber auch vom gerade populär werdenden Rollenspiel. Aus diesem Spiel MUD (»Multi User Dungeon«) wurde ein ganzes Genre von Spielen, die heute kollektiv MUDs genannt werden. Im Folgenden wird kurz verglichen, welche Ähnlichkeiten und Unterschiede MUDs und IF besitzen.

Ähnlich wie bei Textadventures spielt der Spieler einen Charakter in einer virtuellen Welt und kann diesen durch Eingabe von Befehlen wie GEHE NACH SÜDEN in dieser Welt agieren lassen. Anders als bei Textadventures ist der Spieler jedoch nur einer von vielen in dieser Welt, das heißt sein Charakter kann anderen in dieser Welt begegnen, sich mit ihnen unterhalten. Dieser kleine Unterschied zwischen Textadventures und MUDs bewirkt einen völlig anderen Aufbau der Spielwelt.

Adventures kreisen gleichsam um den Protagonisten. Der Spieler als Lenker des Schicksals seiner Spielfigur versucht eine im Spiel gestellte Aufgabe zu bewältigen. Spielwelt und Handlungsstränge sind eng miteinander verwoben, selbst wenn der Plot auf verschiedene Weise gelöst werden kann. Der Entwickler eines Textadventures steckt nach diesen Anforderungen den Hintergrund des Adventures relativ eng.

Bei MUDs ist dies anders. Die Spielwelt ist Kulisse für eine Vielzahl von Spielern, die diese erfahren können. Rätsel, Aufgaben und Spiele sind in diese Welt gestreut, um sie interessanter zu gestalten. Spieltechnisch verhält es sich natürlich so, dass Rätsel und Aufträge nach einer Weile wieder neu initialisiert werden müssen, um dem nächsten Spieler die Lösung der Aufgabe zu ermöglichen, was in vielen Fällen seltsam anmuten mag. MUD-Welten sind häufig riesig und erstrecken sich über tausende von Spielräumen, die manchmal ziemlich leer und gleichförmig sein können - etwa, wenn es sich um Wüsten oder Wälder handelt. Die Atmosphäre eines MUDs lebt von seinen Mitspielern. Leere MUDs sind langweilige Plätze, während volle MUDs den Spielern Gelegenheit geben, sich auszutauschen. Obwohl die Oberfläche an die eines Chats erinnert, ist ein MUD interessanter, da der Charakter durch bestimmte Befehle seine Stimmung zum Ausdruck bringen kann. Ein Charakter kann böse schauen oder mit einem anderen tanzen. Da MUDs ans Rollenspiel angelehnt sind, können Charaktere bestimmten Gilden oder Charakterklassen angehören, die es erlauben, bestimme Fähigkeiten auszuüben. Hexen können mit ihrem Besen herumfliegen, während Heiler verletzte Charakter behandeln können. In manchen MUDs ist es sogar erlaubt, andere Spieler anzugreifen und zu töten! MUDs sind deshalb auch eher auf Kommunikation und Entwicklung des Charakters ausgelegt, als an die Lösung einer spezifischen Aufgabe.

Weil sie die Interaktion von Charakteren betonen, sind MUDs für den Adventure-Autoren nicht uninteressant und können als inspirative Quelle, ja sogar als besonders innovatives Neuland gelten, während sich die Macher von MUDs ein paar Scheiben von guten Textadventures abschneiden können. MUDs wirken nämlich häufig leer und bieten oft wirre oder dumme Puzzles, die ein IF-Autor nur ungern in sein Repertoire aufnehmen würde. Bei IF auf der anderen Seite ist der Protagonist häufig ein sehr einsames Wesen, der nur sehr begrenzt mit NPCs interagieren kann. Hier bieten MUDs erstaunlich gute Ansätze.

Links:

10.10.2001, Max Kalus

 
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