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»Aubrey Foil«: The Beetmonger's Journal

Das vielleicht beste Spiel der IFComp 2001 schafft es erstmals, Grafik sinnvoll für ein Textadventure zu nutzen. Aber der Text macht auch Spaß.

(Anmerkung: Diese Besprechung wurde vor dem Ende der IFComp 2001 verfasst. Sie bezieht sich explizit auf einige Rätsel des rezensierten Spieles.)

Ein toller Start: Wir sind wieder einmal auf einer archäologischen Expedition, aber trotzdem ist hier alles anders. Der Held wird verfolgt von einer Schar Paparazzi. Und außerdem heißt es, er sei eigentlich mehr auf der Suche nach sich selbst als nach altertümlichen Schätzen. Die Schar der Paparazzi und die Charakterisierung halten alle Klischees fern.

The Beetmonger's Journal nutzt die grafischen Fähigkeiten von HTML-Tads. Zugegeben, ich mag keine Grafiken in Textadventures. Eigentlich haben sie mich nur in Infocoms Arthur nicht gestört. (Allerdings ist Arthur ein ziemlich schwaches Spiel mit hübschen Illustrationen.) Die Grafiken des Journal lenken nicht ab.

Überwiegend handelt es sich bei den Grafiken um Karten. Die helfen nicht nur bei der Orientierung, sie verstärken sogar den Eindruck eines Tagebuchs. Und die Textformatierungen helfen, Rahmen- und Binnenhandlung klar erkennbar zu machen.

Ja, dieses Spiel besitzt zwei Handlungsebenen. Und die sind handwerklich solide miteinander verbunden. Schade, dass es bislang kein deutsches Textadventure gibt, das so etwas versucht. Einfach die Texte zu lesen macht hier schon Vergnügen. Die Stimmen von Avielle und von Aubrey Foil unterscheiden sich merklich. Vor allem letztere ist stilistisch konsequent und überaus witzig - vielleicht eine Parodie auf Dr. Watson, den Begleiter und Chronisten von Sherlock Holmes?

Das Spiel ist realistisch, ohne sich an Details aufzuhängen. So übernehmen die Kollegen der Rübenhändlerin automatisch den Verkauf ihrer Waren, wenn sie sich auf den Weg durch die Stadt macht. Die naheliegende Frage »Was passiert mit den Rüben?« wird beantwortet, hindert die Hauptfigur aber nicht daran, ihr Abenteuer fortzusetzen.

Auch an diesem Spiel kann man einiges bemäkeln: etliche Orthographie- oder (hoffentlich) Tippfehler; besonders »thieves« ist mehr als einmal falsch geschrieben. Die zweite Hälfte des Abenteuers ist nicht ganz durchsichtig. Ich wusste öfter nicht, was mein Ziel war, und sah in der Lösung nach. Ich hätte auch einen authentischen Hintergrund (Freimaurer statt beetmonger) der Fantasy-Welt vorgezogen. Und die Rahmenhandlung um den alten Archäologen Victor Lapot gefiel mir besser als der Aufstand der beetmonger.

Die Kampfszene des Spiels habe ich natürlich mit der in Begegnung am Fluss verglichen. »Aubrey Foil« macht das ganz schlau. Es gibt nur drei Manöver, die der Gegner verwendet. Die korrekte Parade zu jedem dieser Angriffe kann man sich von Schaukämpfen abschauen.

Eine flüssig spielbare, schön erzählte Geschichte, hervorragend konstruiert, technisch ausgereift. Mit den Worten von Lapot: Aubrey Foil, thank you for everything. Dies war das beste Spiel der IFComp 2001.

18.11.2001, Florian Edlbauer

 
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